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Number deux por favor, madmoiselle!

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    oder: Two days from coast to coast. I love the bloody bus!

    14.09.2011: Man hat ja allgemein das Vorurteil, dass der Franzose als solcher eher ungern Englisch spricht oder verstehen will. Und dass er – sagen wir – ‚anders‘ Auto fährt, als der Deutsche als solcher. Beides ist – sagen wir – korrekt. Das verwirrende an der Sache ist, dass jeder Franzose, den ich im Ausland kennen lernen durfte oder in der Heimat kenne, einwandfrei Englisch spricht. Die erste Französin im ersten (und bisher einzigen) McDonalds versteht nicht mal Carinas französisch (und für mich hört es sich so an, als würde sie es können).

    So kommt es, dass wir statt einem opulenten Frühstück nur 4 Mini-Pancakes mit Kaffee und O-Saft zu uns nehmen. Pancakes hat sie verstanden und der Kaffee respektive O-Saft war mit dabei. Das soll kein Vorwurf sein, direkt danach fragen wir uns nämlich, wie es wohl einem Franzosen mit Englisch- aber ohne Deutschkenntnissen geht, wenn er im Industriegebiet von morgens um 10 Uhr einen McBaguette haben will – ich glaube nicht, dass der glücklich wird. Also, Kinder aller Nationen: Englisch lernen! Dat is wichtig! Und Franzosen: Macht bitte so Bilder in eure McDonalds, wo Essen drauf ist und man drauf zeigen kann!

    Mittagspause Somewhere France

    Warum diese Überschrift? „The customer will always be understood“ sagte mal jemand zu mir. Und an der Tankstelle kann man echt alles sagen, der Sprit ist ja schon im Tank und will bezahlt werden. Und ich habe jetzt OFT getankt in Frankreich. Hier ist Verständigung kein Thema, selbst wenn man den mittfünfziger 120-Kilo-Mann mit „Madmoiselle“ anredet.

    Frankreich komplett zu durchqueren war die Absicht. Frankreich ist recht groß, wie wir feststellen mussten. Und Frankreich verlangt Maut auf den schnellen und bequemen Straßen. Also erweitern wir die Absicht damit, keine Mautstrecken zu benutzen! Ein super Plan! Wenn man 18 ist, reichlich Dope raucht oder Nerven aus Stahl hat. Und vor allem die Nerven funktionieren bei mir nur dann, wenn ständig Zucker, Red Bull und Nikotin zugeführt wird. Oder am besten alles drei zusammen. Die ersten 400km laufen wie am Schnürchen, bis wir irgendwo neben Paris in einen Stau kommen, der seinesgleichen sucht. In den Niederlanden und in Belgien waren die Autofahrer allesamt sehr zuvorkommend und ich fragte mich ernsthaft, ob es dort umgekehrt wie bei uns ist: In Deutschland kommt man mit 250km/h links angeblasen, sieht den Niederländer, der mit seinem Wohnwagengespann gemütliche 80 auf der mittleren Spur fährt, den Blinker links auf Dauerbetrieb (der Belgier fährt bereits auf der linken mit 95 und kommt grade noch so vorbei) und denkt sich noch „Oh oh, ein Holländer“, während man versucht, das Auto auf dem Standstreifen wieder zu stabilisieren und die Bremsen durch durchfahren der Pfützen zu kühlen. In den Niederlanden und in Belgien scheint es insofern das Gegenteil zu sein, dass diese schon aus der Ferne unser weißes Nummernschild sehen und sich denken „Geil! Ein Deutscher! Dem mache ich Platz, der fährt so viel besser als ich!“ Dann dauert es ein bisschen, bis sie erkennen, dass es nur ein Bus ist, der sich mit den landestypischen 110km/h schon schwer tut. Wenn sie das aber erkannt haben, ziehen sie ehrfurchtsvoll nach rechts und beginnen sachte zu bremsen – von mir unbemerkt, damit es nicht so aussieht, als würden sie mich gewinnen lassen.

    In Frankreich ist das anders. Da denken sie sich „Ah, ein Deutscher! Erstmal rechts rüber und dann 10cm vorher wieder nach links! Dem geb‘ ich, dem Penner! Meine Uroma sagt schon immer, dass die Deutschen alle das gleiche Pack sind“. Nach etlichen Kilometern auf französischen Landstraßen muss ich mein Urteil aber widerlegen (Verdammt! Ich mach‘ so gern auf Deutscher, der überall wegen dem Krieg gehasst wird!) – das Agieren auf den Straßen hat nichts mit meiner Nummernschildfarbe zu tun, das scheint hier absolut üblich. Wenn man zum Vordermann 3m Platz lässt, passen zwei Autos und ein Moped in die Lücke. Lässt man nur einen Meter Platz, passen zwei Autos und ZWEI Mopeds rein.

    Wo war ich eigentlich vor der Hasstirade? Ach ja, beim Stau! Den überstehen wir tatsächlich irgendwie und finden an dem späten Nachmittag auch noch einen Campingplatz irgendwo im Nirgendwo. Für 7,70 Euro. Das bürgt für Qualität, möchte man meinen. Zum Vergleich: Amsterdam und Brügge liegen bei über 20 Euro pro Nacht, ebenso der hier in der Nähe von St. Tropez, wo ich das jetzt gerade schreibe. Der gute alte Pustekuchen! Sehr geiler Platz, leider halt echt im Nichts. Das heißt, abends weggehen: Nee. Supermarkt: Aber auf keinen Fall. Tankstelle? Ja, soll es irgendwo da draußen geben, aber soweit ist die alte Madame noch nicht gekommen, seit sie der böse Zauberer an diesen verwunschenen Platz gefesselt hat und sie auf den Prinz warten muss, der sie befreit. Da „Madame“ schon bessere Tage gesehen hat, werde ich leider nicht der Prinz sein. Vielleicht einer der Typen, die an der Rezeption ihr Heineken trinken.. ja, der ohne Zähne vielleicht.

    15.09.2011: Die Reise geht am nächsten Tag direkt weiter und nach Stunden und gefühlten 1000km bergauf (JETZT macht mir die kaputte Temperaturanzeige im Bus mächtig Sorgen) sehen wir endlich das Meer. Ohne zu wissen, wo sich ein Campingplatz befinden könnte, irren wir etwa eine Stunde durch die Rushhour von Sète und finden schließlich einen Platz direkt am Meer. Bei traumhaftem Wetter parke ich den Bus rückwärts zwischen den riesigen Wohnmobilen zweier Franzosen, werde dabei von einem der zwei nicht aus den Augen gelassen und komme mit offenem Fahrerfenster direkt auf seiner Höhe zu stehen. Abstand zwischen unseren Gesichtern: 30cm. Er sagt kein Wort und starrt mich nur grimmig an. Nach einem ‚Bon jour‘ von meiner Seite dreht er sich wortlos um und geht zu seinem genau so grimmig dreinschauenden Hund. Gut, es hätte ‚bon soir‘ heißen müssen – in 10 von 10 Fällen mache ich das falsch – aber trotzdem ist der Typ ein Penner und mein Vorurteil wieder bestärkt, dass Franzosen Deutsche nicht leiden können. Vermutlich war es aber auch bloß wieder ein ganz normaler Penner, den es in jedem Land gibt. Der Sonnenuntergang ist vielversprechend für den nächsten Tag, der Platz mit 10 Euro billig und bietet ein riesiges Angebot an allerlei Beschäftigung inkl. Jet Ski, Supermarkt, Wifi, Bar und Pizzabude. Ideale Voraussetzungen, um ein paar Tage zu bleiben.

    16.09.2011: Der nächste Morgen: Scheißwetter. Nach Check des Wetterberichts entscheiden wir, weiter in Richtung St. Tropez zu fahren, damit wir zumindest mal wieder grob in Richtung Heimat kommen. Die Fahrt wird der Horror. Dummer Entschluss, keine Maut zahlen zu wollen. Im ersten Ort suchen wir eine halbe Stunde einen Parkplatz, damit wir etwas frühstücken können. Anschließend (es gibt keinen Parkplatz, der Autos höher als 2m reinlässt – hatten wohl zu viele Wildcamper) suchen wir eine halbe Stunde einen Ausweg aus der Stadt. Nur mit Navi finden wir ungefähr die richtige Himmelsrichtung und schlängeln uns durch die baustellenübersähte Innenstadt. Außer der fühlbar steigenden Motortemperatur macht mir viel mehr Sorgen, dass irgendein Depp in meinen Bus fährt, da hier Stoßstange an Stoßstange gefahren wird und direkt vor uns dann noch eine Dame rückwärts aus einer falsch herum befahrenen Einbahnstraße in einen auf der Vorfahrtsstraße stehenden PKW crasht. Irgendwann sind wir aber draußen und nach meiner zweiten Stadt an diesem Morgen überlasse ich Carina dankend das Steuer. Das mindert zwar die Angst nicht, dass jemand in mein Auto fahren könnte, aber Carina kann wenigstens auf französisch Fluchen und andere Fahrer beschimpfen. Insgesamt kommen wir durch Mautumfahrung noch durch 3 weitere Städte, davon verfahren wir uns in 2 noch so, dass wir Ewigkeiten feststecken.

    Rush Hour Marseille

    Besonders Marseille ist zur – wieder Mal – Rushhour ganz bezaubernd und wir fragen uns wirklich, ob wir durch einen seltsamen Navigationsfehler irgendwo in Indien gelandet sind. Die Angst um meinen Bus nimmt neue Höchstformen an, da scheinbar kein Auto in dieser Stadt existiert, an dem auch nur eine einzige Stoßstangenecke heil gewesen wäre. Zwischendrin Motorräder, die ungebremst 2cm an meinen Spiegeln vorbei huschen, Roller, die sich zu dritt quer vor den Bus stellen, weil Carina durch Unachtsamkeit nicht direkt auf die Stoßstange des Vordermanns aufgefahren ist, sondern 50cm Platz gelassen hat. Da passt die Mutti mit Baby auf dem Arm und Kleinkind an der Hand noch prima dazwischen durch. Die Ampel war ja grün.. also unsere.. Wir atmen mittlerweile schon auf, wenn das Navi sagt „die nächsten 3km der Strecke folgen“. 3km, an denen man nicht die Spur wechseln muss, herrlich!

    Camp du Domaine

    Ein Tipp aus der Heimat lotst uns schließlich an einen Campingplatz „Camp du Domaine“, wo wir die nächsten Tage bleiben sollten. Noch viel größer als der letzte und neben allen schon beschriebenen Annehmlichkeiten bietet er noch Tenniscourt, Cocktailbar, Cafe, Pizzeria, Brathähnchen-Mann, perfekten Strand, Bestes-Urlaubs-Foto-Contests, Autowaschanlage und vieles mehr. Spätestens bei der Waschanlage wird klar, dass das Ding komplett an Deutsche ausgerichtet ist. Es sind zwar auch andere Nationen anwesend, ich würde aber sagen, dass deutsche Kennzeichen ganz klar die Überhand haben. Ein Campingplatz, wie man ihn immer im Fernsehen sieht. „Wir kommen schon seit 30 Jahren her.“ – Gartenzwerge vor der M-Klasse mit Wohnanhänger – man hilft mal schnell mit, wenn der Weg geteert werden muss – pünktlich um 16:30 Uhr, wenn der Supermarkt öffnet, steht man Schlange – so etwas meine ich. Dennoch muss ich nach den 3 Tagen auf diesem Platz sagen: Ich würde wieder kommen. Wahrscheinlich haben so alle Deutsche hier angefangen. Aber wir sind da ja hoffentlich anders.

    Gorges du Verdon

    19.09.2011: Ein zweiter Tipp aus der Heimat der gleichen Tippgeber war „Gorges du Verdon„, eine Schlucht, um die man über abenteuerliche Straßen, die in den Fels geschlagen sind, fahren kann. Die Schlucht liegt vom Campingplatz etwa zwei Stunden entfernt und ganz grob auf dem Rückweg, wird also mitgenommen. Fazit: Auf jeden Fall diese Straßen befahren, wenn man in der Nähe ist. Unglaubliches Panorama und Wege, an denen direkt neben unserem Bus der Hang hunderte Meter abfällt. Ich zitiere mal aus der Tippgeber-SMS: „..wenn ihr schon das seid, guckt euch den Canyon du Verdon an. Den kann man am Abgrund umfahren. 700m senkrecht runter. Da kackt ihr euch in die Hosen..“ – das trifft’s im Großen und Ganzen ganz gut :). Die meisten Abschnitte der Strecke sind mit zulässigen 90km/h ausgeschildert, der Bus durchbricht aber selten mal die 50km/h-Marke. Bei schönem Wetter. Ich will gar nicht wissen, wie man da bei Regen oder gar Schnee fahren muss. Der hier möglichen Maximalgeschwindigkeit ist es nachzutragen, dass wir heute etwa 9 Stunden reine Fahrtzeit hatten (zuzüglich ein paar Panorama-Stopps und einer Mittagspause) und immer noch mitten in Frankreich sind. „Lac de paladru“ sagt das Navi.

    Den Campingplatz sind wir angelaufen, weil wir beide zu müde sind, um weiterzufahren und die Gegend hier echt zu unheimlich ist, um wild zu campen. Seit den letzten 4 Stunden regnet es ununterbrochen und die ganze Gegend liegt im Nebel. Wir waren zuerst misstrauisch, da der Platz auf keiner unserer Karten, weder digital noch analog, existiert und das Schild, das uns den Weg hierher gewiesen hat „Camping Plage >“ zeigte. Also „Camping Strand“. Einen Strand haben wir hier nirgends erwartet und schon gescherzt, dass es sicher eine Touristenfalle sei. Jetzt sind wir gerade auf diesem Platz. Wir sind durch die offenen Schranken an den dunklen Gebäuden der Rezeption vorbei auf irgendeinen Stellplatz gestanden. Das Ding sieht komplett verlassen aus. Auch unser späterer Rundgang (man sollte immer wissen, von wo aus die Zombies am wahrscheinlichsten zuschlagen werden und wie die Fluchtwege aussehen) brachte keine weitere Erkenntnis. Niemand da. Dafür steht überall verlassenes Spielzeug rum und hie und da hört man Stimmen. Kein Witz! Ich mache morgen mal ein paar Fotos, falls unsere mobile Behausung dem Ansturm heute Nacht stand hält. Es ist eigentlich ein recht kleiner Platz, allerdings sieht er riesig aus, wenn niemand lebendes ihn bevölkert. Direkt hinter uns, etwa 50m weit weg, steht ein großer Trailer, der für mich – während ich, ohne Brille, ohne Autoschlüssel und vor allem ohne irgendeine Art von Waffe draußen in der Dunkelheit noch eine rauche – aussieht, wie der, der im Film „The Hills Have Eyes“ die lustigen Hauptdarsteller beherbergt. Wirklich sehr sehr gruselig. Ich glaube, jetzt nehme ich all meinen Mut und die letzte Dose Heineken zusammen und geh‘ noch mal raus, eine zu rauchen. In 11 Tagen hör‘ ich ja auf damit. Wenn ich dann noch lebe.

    P.S. Wenn ich diesen Text veröffentlichen sollte, habe ich vermutlich überlebt. Oder jemand, der eine Dokumentation über mein Verschwinden macht, hat mein Notebook gefunden.

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