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Brügge gesehen und.. überlebt!

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    Der Film „Brügge sehen.. und sterben“ wird den meisten etwas sagen und für uns war mehr oder weniger die Aussage im Film „Bruges is like a fucking fairytale“ (frei übersetzt: Brügge ist wie ein wunderschönes Märchen) der Hauptgrund, dort mal hin zufahren. Na gut, wenn wir ehrlich sein sollen, haben wir das auf Google-Maps ganz in der Nähe von Amsterdam entdeckt und uns gesagt, wenn wir schon mal hoch oben im Norden sind, fahren wir da auch vorbei. Noch schnell zwei Tage vorher den Film gekauft, damit wir auch noch mal ins Gedächtnis rufen konnten, was uns da erwarten wird und aus der Idee wurde schnell ein fester Wegpunkt der Reise.

    Kurzfassung: It IS like a fucking fairytale.

    Langfassung: Wir kamen am Montag gegen Nachmittag in Brügge an, nach dem wir uns an der Küste entlang von Amsterdam gen Westen vorgearbeitet hatten. Und „arbeiten“ ist genau das richtige Wort, da das Fahren an der rauen Nordsee-Küste wahrscheinlich nur mit einem 40cm hohen Ferrari Spaß macht. Der mit Dachbox und Fahrrädern beladene Bus bietet mit seinen 2,40m Höhe dem garstigen Seitenwind im flachen Land mindestens so viel Angriffsfläche, wie eine ausgewachsene Elchkuh und der Job am Lenkrad hat nichts mehr mit lockerem Cruisen zu tun. Zu spät kam ich auf den Trichter, mich einfach hinter einen ähnlich hohen Transporter zu hängen, der genau so empfindlich auf den Wind reagiert. Sobald dieser aus im ersten Moment unerfindlichen Gründen plötzlich im Grünstreifen oder auf der Gegenspur fuhr, musste ich nur langsam von 3 rückwärts zählen und bei 0 angekommen entsprechend gegenlenken. Angekommen sind wir – wie eingangs erwähnt – aber trotzdem unbeschadet und auch die fehlende Anzeige der Motortemperatur machte mir bei dem Wetter und bei 110km/h Dauergeschwindigkeit nur wenig Sorgen.

    Wie im Märchen...

    Es gibt genau einen Campingplatz in Brügge, wie Carina an der Tourist-Info erfuhr, während ich nervös im Bus saß, den ich direkt in der Fußgängerzone vor den Schaufenstern eines Kleidungsgeschäfts geparkt hatte. Ja, wir sind Deutsche. Nee, wir parken alle so. Klar, den Bus gerne mal anfassen, Kinder! Der Platz war dann schnell gefunden und ein erster „Spaziergang“ in die Innenstadt wurde unternommen, der mal wieder etwas länger dauern sollte, weil Entfernungen einschätzen nicht so unser Ding ist. Zudem hatten so ziemlich alle Attraktionen schon geschlossen, weshalb es nach einem Barbesuch recht schnell wieder zurückging. Der nächste Tag kam recht schnell – genau genommen schon einen Tag später – und auch der Weg in die Stadt war dieses Mal schneller (man lernt ja aus Fehlern und nimmt dieses Mal den Bus). Brügge ist tatsächlich wie eine Märchenstadt und man sieht förmlich vor dem inneren Auge, wie irgendeine von Disney gezeichnete Tussi hier morgens singend ihr Brot beim Bäcker holt, nachdem ihr irgendwelchen süßen kleinen Tiere aus dem Wald beim Anziehen geholfen haben.

    Zentral liegt der Belfried, ein ziemlich hoher Turm (wie hoch genau, hab ich schon wieder vergessen – steht im Internet!), von dem sich im Film am Schluss einer der Hauptdarsteller (Ken) stürzt, um seinen Kumpel (Ray) – seines Zeichens auch Hauptdarsteller – zu warnen. Außerdem wird vor diesem Turm mein Lieblingssatz des Films in folgendem Dialog gesagt:

    Ken: Coming up? (Kommst du mit hoch?)
    Ray: What’s up there? (Was ist da oben?)
    Ken: The view. (Die Aussicht.)
    Ray: The view of what? The view of down here? I can see that down here. (Die Aussicht auf was? Die Aussicht auf hier unten? Die kann ich von hier unten sehen.)
    Ken: Ray, you are about the worst tourist in the whole world. (Ray, du bist wahrscheinlich der schlimmste Tourist der ganzen Welt)
    Ray: Ken, I grew up in Dublin. I love Dublin. If I grew up on a farm, and was retarded, Bruges might impress me but I didn’t, so it doesn’t. (Ken, ich bin in Dublin aufgewachsen. Ich liebe Dublin. Wenn ich auf einer Farm aufgewachsen und geistig zurückgeblieben wäre, würde mich Brügge beeindrucken, bin ich aber nicht, deshalb tut es das nicht.)

    Wir waren natürlich auf dem Turm und die Aussicht ist wirklich ganz exquisit, mein Lieblingssatz aus dem Film ist aber eigentlich „One gay beer for my gay friend, one normal beer for me because I am normal.“ – der passt hier nur leider überhaupt nicht. Zum Bier gleich mehr. Carina ist nun auf der Suche nach den berühmten belgischen Waffeln, bekommt aber überall die Antwort: „Sorry, it’s too late for waffels!“. Also das Unterfangen auf den nächsten Tag verschieben und weiter.

    Nach dem Turm stand der Besuch in einer Kirche an, die von sich selbst sagt, sie habe ein paar Tropfen Blut von Jesus in einer goldenen Schachtel (oder so ähnlich). Gesehen haben wir es nicht, aber ein verstohlenes Foto konnte ich aus der Ferne machen. Gesehen deshalb nicht, weil man sich dort in eine Menschenschlange einreihen musste (was wir auch ganz kurz taten) und einer nach dem anderen die „Schachtel“ berühren durfte – allerdings wurde diese von einer Kirchendienerin in Händen gehalten und diese wiederum achtete penibel genau darauf, dass man sich vorher sauber bekreuzigte, den Kopf senkte und irgendetwas sagte. Und dieses „irgendetwas sagen“ war unser Hauptproblem. Was denn bitte sagen? Ein Vater-unser bekomme ich noch hin, aber das muss etwas kürzeres sein, so kurz wie die Menschen vor der Schachtel stehen blieben. „Jesus rocks!“ vielleicht, wobei das wieder deutlich zu kurz wäre. „Mir egal, wer dein Vater ist. Solange ich hier angel‘, gehst du nicht über’s Wasser!“ – ja, das würde von der Länge her passen, aber ob die Kirchendienerin das witzig fände? Um es abzukürzen: Wir trauen uns nicht und verlassen die Schlange gerade noch rechtzeitig, bevor der Ganesha, der um meinen Hals hängt, zu brennen beginnt.

    Carina fällt auf dem Weg aus der Kirche noch eine Sache auf, die äußerst interessant ist und definitiv stimmt: Als wir in Sri Lanka auf den heiligsten Berg der Hindus und Buddhisten, den Adam’s Peak, über seine tausenden von Stufen gepilgert sind, haben wir 100jährige gesehen, die ohne ein Wort des Unmuts, ohne ein leises Meckern oder gar ein Wort des Zweifelns diese Anstrengung auf sich nehmen, nur um ihrem Gott nahe zu sein oder Buße zu tun. Die geschätzt 20 Stufen dieser Kirche sind erfüllt von Gejammer, wann denn endlich ein Ende absehbar sei. Die italienische Touristin beginnt bei Stufe 3, die spanische bei Stufe 5 lauthals zu jammern. Direkt am Eingang befindet sich ein Schild: „Bitte respektieren Sie diesen Ort, reden Sie nicht, essen Sie nicht, fotografieren Sie nicht!“. Vor allem mit dem „Reden Sie nicht“, das natürlich in zig verschiedenen Sprachen dort steht und zusätzlich mit gezeichneten Männchen illustriert ist, wird als Tourist also eher lockerer umgegangen. Nach dem wir wieder draußen sind, wird aus dem „fotografieren Sie nicht“ nach genauerem Hinsehen ein „fotografieren Sie nicht mit Blitzlicht“, weshalb wir noch mal reingehen und ich die Reliquie – ohne Blitz – aus der Ferne ablichte. Wer meine Kamera mal berühren will, einfach vorbeikommen. Kostet keinen Eintritt, Spenden sind aber gern gesehen. Das eigentlich interessante passiert aber nach der Kirche. Carina sieht draußen eine kleine Tür, meint noch „Ob man da auch rein kann?“, wobei sie in dem Moment schon die Klinke drückt und verschwunden ist. Als ich ihr folge (wie immer würde ich es orientierungstechnisch nicht alleine zurück zum Campingplatz schaffen), steht sie dahinter auf einer steinernen Falltür, die WAS als Innschrift trägt? .. obwohl, ich breche hier lieber ab, das ist zu heiß für’s Internet. Ich kann nur soviel sagen: Indiana Jones und Dan Brown haben KEINE Ahnung!

    Zurück zum Bier. Die Auswahl an Bier ist tatsächlich riesig und so war es auch hier wieder Pflicht, eine Bierbrau-Tour zu machen. Dieses Mal ohne Experience, wie bei Heineken und man wurde leider auch nicht betrunken gemacht, obwohl ich von diesem Bier gerne betrunken gewesen wäre, nur um zu sehen, ob es stimmt, was die Tourführerin erzählte. Da es in Belgien kein Reinheitsgebot wie bei uns gibt, können sie recht frei experimentieren und haben wohl herausgefunden, dass man keinen Kater bekommt, wenn Koriander beim Brauprozess hinzugefügt wird. Wir reden hier von Bier mit 6 – 12%, das hier gebraut wird. Ich hätte zu gerne gewusst, ob das stimmt. Extrem lecker ist das Bier allemal. Ich habe zwar nur zwei verschiedene in Belgien getrunken, behaupte aber, dass einfach alle belgischen Biere gut sind. Punkt.

    Einfach mal Fresse halten! Und runter vom Rasen!!

    Der Abend klingt in der City aus und im Bus zurück sind wir die einzigen Gäste. Der sehr nette Busfahrer erkennt pfeilschnell an meinem „guute dag, two ticket please“, dass wir Touris sind und fragt schon direkt, ob wir zum Campingplatz wollen. Yes, antworte ich ehrlich. „Do you guys have any glue where to get off?“ – „No!“ Nein, ich habe keine Ahnung, an welcher Haltestelle wir wieder raus müssen. Aber gar keine. Ich dachte mir wie immer, ich werd‘ das schon irgendwie erkennen. Meistens sage ich dann, dass es definitiv HIER ist, wo wir raus müssen, da ich soeben den Beate-Uhse-Laden wiedererkannt habe (mit ziemlich sicher Kinderbekleidung im Schaufenster, aber ich hab gesagt bekommen, ich darf keine Belgier-Witze machen – hey, die Miss Belgien ist ja immerhin schon 16, die alte Hütte!), Carina sagt dann 8km später, dass es hier sei und da ist es dann auch. Wir verlassen uns dieses Mal auf den Busfahrer. Er gibt uns ein Zeichen, verspricht er.. und da wir wie schon erwähnt die einzigen Gäste sind, hält er dort dann einfach den Bus an, dreht sich um, blickt in unsere dumpfen Augen und meint: „Campsite!“. Sehr sehr nett. Und Carina legt großen Wert darauf, dass ich hier erwähne, wie vorher an einer Haltestelle eine ältere Dame einsteigt, dem – ziemlich jungen – Busfahrer einen riesigen Blumenstrauß überreicht und die beiden auf niederländisch (ja, hier wird vorrangig niederländisch gesprochen, ganz selten hört man mal französisch) aufgeregt plappern und sie ihm offensichtlich Glück wünscht. Für unsere sehr ausgeprägte Interpretationsfähigkeit hört es sich so an wie „Das schaffst du schon, mein Jung‘, die wird schon ‚ja‘ sagen!“. Auf dem Campingplatz ziehe ich noch schnell ein Wifi-Ticket für einen Euro am Automaten (witzig, witzig, funktioniert aber tatsächlich) und fertig für heute.

    Am nächsten Morgen (Mittwoch) waren wir vor Abfahrt in Richtung Süden (hier ist es jetzt echt zu kalt und vor allem zu windig) noch in der Nähe des Campingplatzes frühstücken und Carina stellt mit zitternder Unterlippe und Tränen in den Augen dem – wieder mal sehr netten – Bistrobesitzer die Frage, die sie seit gestern nicht ruhen ließ. „Sorry, too early for waffels“. :) Hach, die Belgier, immer für einen Spaß zu haben. Es scheint wohl ein ganz ganz kleines Zeitfenster am Tag zu geben, an dem es „Waffels“ gibt. Bier gibt’s immer. Auch morgens. Wie in Bayern. Jetzt steht erst mal Südfrankreich auf dem Plan. Sind zwar schlappe 1500km extra, aber Hauptsache warm und windstill!

    It’s a fairytale fucking town, isn’t it? How can a fairytale town not be somebody’s fucking thing? How can all those canals and bridges and cobbled streets and those churches, all that beautiful fucking fairytale stuff, how can that not be somebody’s fucking thing, eh?

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