4 Tage und 4 Nächte Amsterdam sind zu Ende und ich habe bewusst mit der Aussage in der Überschrift bis kurz vor Schluss gewartet, damit ich das Schicksal nicht herausfordere und mir ganz am Ende doch noch die Felgen vom Bus geklaut oder uns die Taschen in der Innenstadt aufgeschlitzt werden. Amsterdam ist die sicherste Stadt der Welt! Warum? Weil hier definitiv keiner im Stande ist, uns als potentielle Taschendiebstahlopfer zu erkennen und – sollte er das doch schaffen – bestimmt keinen Plan aushecken kann, wie er unbemerkt an unser Geld kommt. Alle breit. Alle. Restlos.
Die, die in einer deutschen Stadt betrunken im Park rumlungern, grölen und pöbeln, die lungern hier zwar auch herum, sind aber nicht betrunken, sondern stoned und grölen und pöbeln deshalb nicht, sondern sitzen mit breitem Grinsen im Gesicht im Kreis um eine Taube und bestaunen schweigend, wie diese Brotstücke zusammenpickt. Dass Amsterdam tatsächlich so ist, hätte ich im Leben nicht gedacht. Es ist ungelogen so, dass man den Grasgeruch weitaus öfter in der Nase hat, als normalen Zigarettenqualm, jung und alt kifft, immer und überall. Es ist zwar verboten, das in der Öffentlichkeit zu tun, aber die Cops sagen sich auch, hey, wir sind hier in Amsterdam! Was soll’s! Leben und leben lassen.
Von Beginn. Der Campingplatz, den wir uns ausgesucht haben, ist quasi uneingeschränkt zu empfehlen, sieht man mal davon ab, dass man das Essen in der angeschlossenen Bar lieber nicht zu sich nimmt. Wir reden hier von „Camping Zeeburg“, der sich durch eine hervorragende Lage auszeichnet – nach einem Fußweg von 10 Minuten gelangt man zur Tram, die einen in einer Viertelstunde direkt im Zentrum des Sündenpfuhls entlässt (Centraal Station – ja, mit zwei ‚a‘). Investiert man vorher 2 Minuten mehr Fußweg in die andere Richtung, darf man die „schnelle“ Tram (Sneltram) benutzen und kommt ein paar Minuten früher in der Stadt an. Eine Fahrt kostet pro Kopf 2,60 Euro – eine 72-Stunden-All-You-Can-Drive-Karte liegt bei 15,50 Euro – eine einfache Rechnung!
Wo wir gerade bei den Preisen sind: Sauteuer! Echt, vor allem das Essen. Ein normales Bier liegt bei 4 Euro, ein Burger geht bei 10 Euro los und kann (im Hard Rock Cafe) auch mal 15 kosten. Der Platz an sich liegt in der Nicht-mehr-Haupt- aber auch Noch-nicht-richtig-Neben-Saison bei 23 Euro pro Nacht – bezahlbar und ganz ok. Auch hier empfängt uns Grasgeruch schon beim Einchecken und im angeschlossenen Laden streichelt ein Schüler mit leblosen Augen eine Camping-Gaskartusche so, als würde er sofort mit ihr schlafen wollen. Vor dem Laden, der irgendwann in den frühen Abendstunden schließt, befinden sich zwei Süßigkeitenautomaten mit Münzeinwurf, solche, die man vielleicht von der Schule oder vom Büro kennt. Vor diesen Automaten standen die ganzen 4 Tage über immer, bei Regen, Sturm und Hagel, eine Hand voll Menschen und auch die, die ganz hinten in der Schlange standen, störten sich keineswegs daran, dass der erste in der Reihe Minuten brauchte, um sich seinen Lieblingsriegel herauszusuchen und sich dann von jeder schön glänzenden Münze in seiner Hand einzeln zu verabschieden. Wie Zombies, denen man erzählt hatte, es gebe leckeres Gehirn in den Automatenfächern. Eine bessere Geschäftsidee, als einen Coffeeshop in Amsterdam zu eröffnen: Automaten mit Süßigkeiten aufstellen!
Amsterdam scheint voll zu sein mit Must-Seen-Sehenswürdigkeiten. Nachdem der Ausflug in der ersten Nacht aufgrund unserer späten Anreise recht kurz ausfiel und sich nur im Stadtteil Flevopark abspielte, ging es am nächsten Morgen.. naja, eher Mittag in die City, zum Van Gogh Museum. Wenn man den Eintrittspreis von 14 Euro pro Kopf bezahlt hat, sieht man die ganzen Bilder von van Gogh im Original und noch Werke anderer Künstler. Eine super Sache, wenn man sich für Kunst interessiert.. Den oben erwähnten Burger im Hard Rock Cafe gab’s für nur einen Euro mehr. Angenommen, man hätte nur ein Budget von 15 Euro, dann muss wohl jeder für sich selbst entscheiden, was ihm da lieber wäre.. Burger oder van Gogh.. meine Entscheidung steht ;). Am frühen Nachmittag stand dann die Brauereibesichtigung von Heineken an. Wobei es sich nicht Besichtigung, sondern Experience nennt, die sich hauptsächlich dadurch auszeichnet, dass man das einzige Bier, das Heineken braut, so oft testen darf, bis man gut angetrunken ist. Ist das passiert, werden die Massen von besoffenen Schülern auf den Geschenke-Shop losgelassen und kaufen wie die Bekloppten Bierdeckel, Badetücher und Flaschenöffner.
Weiter erwähnenswert ist natürlich das Rotlichtviertel, wo man Gerüchten zufolge die schönsten Nutten der Welt, oder zumindest Europas in den Fenstern sitzen sehen kann. Das Gerücht kann ich jetzt nicht bestätigen, wobei ich auch in der Heimat noch nicht wirklich viele Prostituierte angeschaut hab. Hübsch waren sie meines Erachtens nicht. Ich bin mir bei ein paar sogar ziemlich sicher, dass es in keinster Weise Frauen waren, die sich dort hinter den Glasscheiben befanden, aber gut, für jedes Angebot gibt es auch eine Nachfrage. Über den meisten der Schaufenstern sind kleine Laternen angebracht, die laut Reiseführer dazu da sind, Übergriffe der Freier nach außen sichtbar zu machen, entfacht durch einen Notfallknopf, der die Damen vor schlimmerem bewahrt. Der Freier, der also gerade auf seine recht maskuline Prostituierte eingedroschen oder ihr die Zahlung verweigert hat, darf dann wohl hoffen, dass die Polizei rechtzeitig eintrifft, bevor die Hell’s Angels draußen die Lampe bemerken und die Sache auf ihre Art regeln. Neben dem Rotlichtviertel findet sich das Sexmuseum, das zwar durchaus einen Besuch wert, aber im Großen und Ganzen hauptsächlich eine von kichernden Asiatinnen beäugte Vintage-Porno-Sammlung ist.
Als etwas ernsteres Thema stand dann noch das Anne-Frank-Huis auf dem Plan, wo man sich als Deutscher im Ausland mal wieder recht beschissen vorkommt. Das Hanfmuseum mussten wir links liegen lassen, da der Andrang einfach zu groß war. Ebenso das Schokoladenmuseum, das Beutel- und Geldbeutelmuseum, das Hausbootmuseum und das niederländische Filmmuseum, wobei das weniger etwas mit dem Andrang zu tun hatte (ein GELDBEUTELMUSEUM?! Wie bekifft kann man sein?). Das Haus von Rembrandt haben wir dann noch besucht – das war sogar recht interessant und man bekam mit einem Gutschein, den wir aus irgendeiner Zeitschrift hatten, zwei Postkarten für lau. Gut, die 10 Euro Eintritt pro Kopf muss man halt noch draufrechnen. Aber interessant war’s trotzdem und Rembrandt ist mir schon mal deutlich sympathischer als van Gogh.
Zusätzlich zu den oben genannten Sehenswürdigkeiten gibt es noch unzählige Parks und Grachten (die typischen Kanäle Amsterdams), Restaurants und Kneipen zu besuchen, außerdem war dieses Wochenende auch noch Monumentendag, ein Tag, an dem ganz viele öffentliche Einrichtungen zu besichtigen sind. Das alles hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen, das kommt dann in mein Buch „Amsterdam for German campers“ oder so. Und natürlich die verschiedenen Coffee- und Headshops, wo man sich zu seinem Liquid Ecstasy für 12,50 Euro auch noch gleich die passenden Pilze mit in den Einkaufskorb legt, welche man voher anhand einer Skala richtig portioniert.
Zusammenfassend also: Amsterdam jederzeit wieder. Entsprechendes Budget vorausgesetzt. Ach so, noch das Wichtigste: Dem Bus geht’s gut. Es hat sich zwar die Temperaturanzeige verabschiedet und der Rückwärtsgang brät mir eine Sicherung nach der anderen raus, aber ansonsten alles im Lot (Stand: 13.09. / Standort: Brügge, Belgien)
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